Phasen klinischer Studien

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Phasen klinischer Studien

Eine klinische Studie (im deutschen Arzneimittelgesetz als klinische Prüfung bezeichnet) erstreckt sich über mehrere Phasen, die mit 0 bis IV durchnummeriert werden und alle aufeinander aufbauen – es darf also keine Studie mit einer höheren Rangnummer ihrer Phase vor dem Abschluss einer Studie mit niedrigerer Rangnummer ihrer Phase durchgeführt werden. Vor dem Beginn der Studie müssen für jede Phase eine Genehmigung von der zuständigen Bundesoberbehörde, ein positives Votum einer Ethikkommission und eine EudraCT-Registriernummer von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) beantragt und erteilt worden sein.

Die Phasen sind im Einzelnen:

Phase 0 – Diese Phase ist nicht regulatorisch vorgeschrieben. In Phase 0 werden lediglich minimale Dosen (im subtherapeutischen Bereich) eines zu erprobenden Studienmedikaments an Menschen verabreicht, um erste Erkenntnisse zu Pharmakodynamik und Pharmakokinetik zu gewinnen.

Phase I – Hauptziel dieser Phase einer klinischen Studie ist die Untersuchung der Frage, ob die Verabreichung des Medikaments an einen Menschen sicher ist; somit steht noch nicht im Fokus, ob auch ein Krankheitsbild damit behandelt werden kann. Auch sollen erste Erkenntnisse zur Pharmakokinetik gewonnen werden. Es werden lediglich kleine Gruppen von Probanden in eine Phase-I- Studie eingeschlossen, zumeist unter 30 Personen, und bei ihnen handelt es sich in der Regel um gesunde männliche Freiwillige und nur selten um Patienten. (Letztere werden ausschließlich dann für die Teilnahme herangezogen, wenn sie schwerkrank sind und ihnen keine anderen Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, etwa bei HIV-Infektionen oder Krebserkrankungen). In dieser Phase werden die Studienteilnehmer sehr intensiv medizinisch überwacht. Mit dem erfolgreichen Abschluss einer Phase I-Studie ist belegt, dass die Untersuchung der Wirksamkeit eines Studienmedikaments in einer Phase II-Studie den Anforderungen an die Sicherheit genügt. Phase I-Studien werden weiter unterteilt in Phase Ia-Studien („Single ascending dose“, jeder Studienteilnehmer erhält einmalig eine geringe Dosis, anschließend erhalten andere Studienteilnehmer eine höhere Dosis) und Phase Ib-Studien („Multiple ascending dose“, jeder Studienteilnehmer erhält nach und nach immer höhere geringe Dosen des Studienmedikaments).

Phase II – In dieser Phase wird erstmals die Wirksamkeit eines neuen Medikaments getestet, üblicherweise placebokontrolliert. Es werden typischerweise zwischen 100 und 300 Patienten in die Studie eingeschlossen. Ziel ist neben einer ersten Einschätzung der Wirksamkeit auch die Ermittlung eventueller Nebenwirkungen. In diesem Zusammenhang muss hervorgehoben werden, dass der Nachweis einer Wirksamkeit nicht mit dem Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit gleichzusetzen ist; in manchen Phase II-Studien stellt sich beispielsweise heraus, dass das Ausmaß der Linderung eines Krankheitsbildes durch ein neues Medikament sehr gering ist, während gleichzeitig das Risiko für Nebenwirkungen und deren Schweregrad sehr hoch sind. In diesen Fällen wird die Entwicklung des Medikaments üblicherweise eingestellt. Aus diesem Grund unterteilt man Phase II-Studien weiter in Phase IIa (Überprüfung des Therapiekonzepts / „Proof of Concept“) und Phase IIb (Dosisfindung / Untersuchung des Dosisbereichs, der bis zum Eintreten inakzeptabler Nebenwirkungen therapeutisch genutzt werden kann).

Phase III – In einer Phase III-Studie werden der statistisch signifikante Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit des Studienmedikaments und der Nachweis der sicheren Verwendung im therapeutischen Dosisbereich angestrebt. Als Vergleichsgröße der ermittelten therapeutischen Wirksamkeit dient in den meisten Fällen ein entsprechender Indikator bei Einsatz der gegenwärtigen „Goldstandard-Behandlung“; bei onkologischen Studien beispielsweise wäre es in der Regel die Fünf-Jahres-Überlebensrate. Es werden typischerweise zwischen 300 und 3000 Patienten in die Studie eingschlossen. Wenn die Marktzulassung eines neuen Medikaments vor dem Abschluss der Phase III erfolgt, werden die noch laufenden Phase III-Studien in sogenannte Phase IIIb-Studien umgewandelt. Phase III-Studien sind die aufwendigsten und daher auch kostenintensivsten; bei der Untersuchung neuer Medikamente gegen Erkrankungen mit einer hohen Prävalenz erreichen die Kosten oft mehrere Hundert Millionen Euro. Dies stellt insbesondere kleine Sponsoren vor große finanzielle Herausforderungen.

Phase IV – Diese Studienphase findet nach der Marktzulassung statt. Zu den Fragestellungen in Phase IV-Studien zählen die weitere Bestätigung von Sicherheit und Wirksamkeit oder die pharmakologische Überwachung im Hinblick auf unerwünschte Effekte. Je nach Fragestellung werden die betreffenden Studien in diesen Fällen dementsprechend auch als „Post marketing surveillance“, dt. „Überwachung nach Marktzulassung“ oder als „konfirmatorische Studie“ bezeichnet. Der entscheidende Faktor ist bei dieser Studienphase, dass die Entscheidung über die Vergabe des Medikaments dem behandelnden Arzt obliegt, wodurch auch in der Phase III noch durch die im Studienprotokoll festgelegten Ein- und Aussschlusskriterien ausgeschlossene Risikogruppen (z.B. Drogenabhängige, schwangere Frauen) das Medikament erhalten können. Auch können Kombinationswirkungen mit anderen Medikamenten zumeist nur im Rahmen von Phase IV-Studien untersucht werden. Seltene Nebenwirkungen werden ebenfalls nur in großen Patientenpopulationen nachgewiesen, und nachteilige Langzeit wirkungen sind in der relativ kurzen Laufzeit der meisten Phase III-Studien zumeist nicht nachweisbar. Phase IV-Studien dienen oft zu Marketingzwecken, können jedoch auch dazu führen, dass sich schwerwiegende nachteilige Effekte zeigen. So wurde von der Firma Bayer beispielsweise das Medikament Lipobay im Jahre 2001 wieder vom Markt genommen, nachdem bekannt geworden war, dass infolge der Einnahme zahlreiche Todesfälle durch Rhabdomyolyse aufgetreten waren.

 

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